Trennung von Verwaltung und Behandlung

Wie TI-Anwendungen die Arbeitsprozesse in der Praxis verändern und verbessern

Seit vier Jahren hat Dr. Martin Deile das Fax in seiner Praxis abgeschafft. „Und es läuft trotzdem alles“, lacht er. Er ist Hausarzt, Notarzt, Anästhesist und Sportmediziner in Dresden und ein Pionier in Sachen digitale Arztpraxis. Deile nutzt KIM, den sicheren digitalen Kommunikationsdienst der TI. Für ihn ein echter Gamechanger, denn mit KIM kam für ihn und sein Praxisteam eine echte Arbeitserleichterung. „Einscannen, Abheften usw. entfällt. Das kann durch mich als Arzt mit wenigen Klicks selbst erledigt werden.“ 

100% der Befunde werden in der Praxis über KIM zugeschickt

Auch die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung sei für die Hauärztinnen und Hausärzte ein Durchbruch gewesen. Außerdem arbeitet er mit der ePA (elektronische Patientenakte) und dem E-Rezept: „Das sind unsere Basics“. 

Wie die konkrete Nutzung der Telematikinfrastruktur (TI) und ihrer Anwendungen die Abläufe für sich, seine Patienten und sein Team verändert hat, hat er beim TI-Summit 2025 berichtet. 

2019 hat Martin Deile seine Hausarztpraxis als Neugründung nach seinen Wünschen gestaltet. Schon für den ersten Patienten konnte er das VSDM nutzen, eine administrative elektronische Anwendung in der gesetzlichen Krankenversicherung zum Abgleich der Versichertenstammdaten mit der Krankenkasse. Er hat auch schon die frühere elektronische Patientenakte ab 2021 mit ersten Patientinnen und Patienten aktiv begleitet und vorher bereits die Einführung des Notfdalldaten-Managements (NFDM). 

Für alle Chronikerinnen und Chroniker, die er in seiner Praxis versorgt, hat er in dem Zuge die entsprechenden Datensätze auf den eGK angelegt. Allerdings seien diese von den Krankenhäusern nicht abgerufen worden. Auch Post käme nur noch von den Krankenkassen, Krankenhäusern und Pflegediensten. Hier hofft Martin Deile nun auf Änderungen dank der zunehmenden Nutzung und Anbindung der Versorgungsbereiche an die TI.

Er ist ,Überzeugungstäter‘, und das nicht nur aufgrund von einer Verbesserung in Versorgungsfragen. Auch wirtschaftliche Vorteile, die die Umstellung auf TI-Anwendungen für eine Praxis bedeuten, spielen eine Rolle. Davon berichtet er aus erster Hand als Referent bei Weiterbildungen seinen Kolleginnen und Kollegen. Denn: Er schafft dank digitaler Anwendungen mehr bei weniger Personal. Mit den Tools sind mehr Arzt-Patienten-Kontakte möglich, es können neue Patientinnen und Patienten aufgenommen und die Dokumentation verbessert werden. Das wirkt dem Ärztemangel entgegen und verbessert die demografische Datenlage. 

Er versucht alles, was nicht „sein muss“, aus der Praxis herauszuhalten. Verwaltungsprozesse wie etwa Reha-Anträge erledigt er via Messenger. Den stellt bislang sein Praxisverwaltungssystem bereit, in Zukunft kann Deile gegebenenfalls dann mit dem TI-Messenger arbeiten. Auch jetzt sind die Nachrichten aber schon Ende-zu-Ende verschlüsselt. Das Wartezimmer sieht bei Martin Deile inzwischen leerer aus als früher. Daran mussten er und auch sein Praxispersonal sich erst einmal gewöhnen. Inzwischen kommen seine Patientinnen und Patienten nur noch in die Praxis, wenn sie einen Arzt brauchen. Denn die Kommunikation über einen Messenger ist für den Hausarzt, sein Team und seine Patientinnen und Patienten inzwischen geübte und gelebte Praxis. Weniger Arbeit hat Deile dadurch aber nicht, im Gegenteil: „In einer Stunde habe ich vier Patienten gesehen und 20 über den Messenger versorgt. Chat ist auch Arbeit.“

Hybride Versorgung mit KI-Anamnese

„Hybride Versorgung“ nennt Dr. Martin Deile seinen Alltag, mit der auch Vertretungsfunktionen etwa für Kinder oder pflegebedürftige Angehörige wahrgenommen werden können. Seine Praxis nutzt die Messengerkommunikation auch für eine Intensivpflegegruppe von 15 Personen. Diese haben 15 Accounts, das Tablet liegt beim Pflegepersonal. Aber wie läuft die Individualversorgung mittels Messenger im Regelfall bei ihm ab?

Martin Deile erklärt: „Bei uns gibt es keine telefonische AU, sondern die Patienten melden sich per Messenger in der Praxis, der als Erstkontakt fungiert. Sie teilen ihre Symptome per Chat mit, beispielsweise ob sie Migräne haben, Magen-Darm-Probleme oder Ähnliches, und seit wann. Damit erfolgt bereits die Anamnese per KI, der die Patientin/der Patient per Klick zustimmt." Hier hatte Deile mehr Widerstand erwartet, ist jedoch positiv überrascht worden. Die Patientinnen und Patienten nehmen das Angebot gerne wahr. Denn für sie entfällt der Weg zur Praxis und die Wartezeit. Die Bequemlichkeit des Zugangs macht es Patientinnen und Patienten leichter. Natürlich kann eine Patientin/ein Patient jederzeit auch auf Wunsch auch in die Praxis kommen.

Die KI schickt die Anamnese in Praxis, wobei sie die Symptome und eine Wahrscheinlichkeitsdiagnose übermittelt. Die ist für Deile aber sekundär, denn als Arzt ist er immer noch in der Verantwortung und hat das letzte Wort. Er entscheidet dann also, ob die Patientin oder der Patient in die Praxis kommen muss oder die eAU direkt gestellt werden kann. Ist Letzteres der Fall, stellt Dr. Deile eine eAU aus, übermittelt sie elektronisch an die Krankenkasse und schickt via Messenger der Patientin/dem Patienten die pdf mit den Informationen für ihre bzw. seine Unterlagen. 

TI verändert Prozesse

Durch diesen Kontaktweg ändern sich Prozesse. „Ich bin sehr gut erreichbar für meine Patienten. Wenn jemand z. B. Freitag abends noch einen Wunsch nach einem Rezept hat, kann ich das selbst schnell erledigen und ihm ausstellen." Auch grundsätzlich ist Deile die schnelle Bearbeitung der digitalen Kommunikation wichtig: „Wir haben die Vorgabe, dass die Bearbeitung in der nächsten Sprechstunde erfolgt. Meine Patienten können sich voll auf eine rasche Rückmeldung verlassen.“ Wichtig für den Erfolg: „Wir trennen Verwaltung und Behandlung. Und zwar unabhängig davon, was der Messenger kann.“ So hat der Arzt mehr Zeit für wirklich Behandlungsbedürftige.

Zentral und ein Gebot der Wirtschaftlichkeit fürs Gesamtsystem für Deile ist, dass die Trennung von ambulant und stationär aufgehoben wird. Er zeigt auf, wie er das meint: Bekomme ein Patient dank der Nutzung digitaler Tools mehr Zeit in einer Praxis, schickten Hausärzte und Kardiologen ihn nicht mehr ins Krankenhaus. Entfalle diese Überweisung, spare das viel Geld. Hausärzten dürfe dann allerdings kein Regress drohen, wenn z. B. in der Dokumentation etwas vergessen wurde, sie aber der Versorgung insgesamt 10.000 Euro Krankenhauskosten gespart hätten. Oder wenn eine OP nötig sei, könnten die Vorbefundung im Krankenhaus entfallen, wenn die Praxis alle Unterlagen via KIM an die Station im Vorfeld übermittle. Der Patient könne nur noch zum Eingriff direkt ins Krankenhaus kommen und danach wieder gehen. Alles erfolge dann über ein System. 

„Eine voll digitale Versorgung ist möglich“

KIM und den TI-Messenger präferiert Deile für den sektorenübergreifenden Austausch und plädiert für mehr Einheitlichkeit in den Prozessen zwischen allen Versorgungsbeteiligten. Wenn nichts Besonderes abzuklären sei, z. B. also keine Schwangerschaft vorliegen würde oder Fieber, sei eine voll digitale Versorgung wie in Skandinavien möglich, ist Deile überzeugt.

„Wir müssen digital mit den Patientinnen und Patienten in Kontakt kommen“, sagt Dr. Martin Deile und meint damit konkret die Kommunikation via Smartphone. So könnten Praxisteams die TI-Tools optimal nutzen. Das sei auch für ihn die Motivation, digital voranzugehen, denn: „Das führt dazu, dass wir mehr Patienten mit weniger Personal und mit besserer Qualität versorgen können.“ 

Stand: Juni 2025